Der Trost der Dinge
So der Titel der neu eröffneten Ausstellung von Orhan Pamuk im Münchner Lenbachhaus.
Die meisten werden ihn als Autor zahlreicher nicht immer einfach lesbarer Bestseller und wohl bekanntesten türkischen Schriftsteller kennen und vielleicht auch als ersten türkischen Autor, dem der Nobelpreis für Literatur verliehen wurde. Aber Pamuk ist deutlich mehr und spätestens seit der Eröffnung seines Museums der Unschuld 2012 in Istanbul auch als bildender Künstler und visionärer Ausstellungsmacher bekannt.
Wer bereits in Istanbul sein Museum der Unschuld sehen durfte, fühlt, als sei ein Stück des Museums zu uns gekommen, von dem ich mich insbesondere an die fantastische Eingangswand mit den hunderten von ausgedrückten Zigaretten erinnere, wo in jeder einzelnen der Gefühlsausdruck der Protagonistin abzulesen ist.
Selbst mit dem Sammlergen ausgestattet, kann ich Orhan Pamuks Leidenschaft hinter dieser Ausstellung gut verstehen, der insbesondere in kleinen, unscheinbaren Museen die Geschichten sieht, die die Dinge über Individuen erzählen und damit ihr Wert darin liegt, zu zeigen, in welchem Zusammenhang sie sich auf Menschen und deren Gedanken beziehen. Es geht um die Kraft der Dinge – eine tröstende Kraft gegen die vergehende Zeit. Und diese zeigt er in der Ausstellung, neben den bekannten Dioramen und Collagen, anhand von Skizzen, Zeichnungen, Fotos und Filmen, die die Begeisterung des studierten Journalisten und Architekten für Dadaismus und Surrealismus und seine Nähe zu Marcel Proust zum Ausdruck bringen.
Neben einer Auswahl von bekannten Kabinetten aus dem Museum der Unschuld hat er, inspiriert durch Werke der jeweiligen Sammlungen, spezifische Münchner und Dresdner Kabinette hinzugefügt.
Eine eher kleine und unscheinbare, aber sehr persönliche und poetische Ausstellung, die einen Besuch lohnt, wie auch der hierzu erschienene Katalog im Hanser-Verlag. Der Trost der Dinge ist dabei nicht nur eine persönliches Bekenntnis Pamuks, sondern regt uns alle in diesen Zeiten an, uns den Dingen auf eine bestimmte Art und Weise zu nähern, die über die rein oberflächliche Betrachtung ihrer Massenfertigung hinausgeht – es geht um die Geschichten und die Menschen dahinter. Es geht um ein Erinnern, denn dadurch erreichen die Dinge ihre Poesie.
Die Ausstellung ist noch bis 13. Oktober im Münchner Lenbachhaus zu sehen.