Floor Codes – Boden neu denken!
Die Impulsausstellung und interaktive Forschungs- und Kommunikationsplattform »floorCODES – Zukunft Boden!« sucht nach der DNA für den Boden der Zukunft.
Welchen Einfluss haben Forderungen nach Nachhaltigkeit, Lebensdauer und Cradle-to-Cradle auf den Boden der Zukunft? Welchen ökologischen Fussabdruck hat der Boden der Zukunft? Wird der Boden der Zukunft Energiequelle und –speicher sein? Geht es um Recycling oder eher um Werthaltigkeit? Ist der Boden der Zukunft natürlich oder gar selbstwachsend? Bestimmen Regionalität oder Globalisierung den Boden der Zukunft? Brauchen wir alternative Ressourcen für den Boden der Zukunft? Leichtbau und textile Architektur – wird der Boden selbst zur Konstruktion? Luftarchitektur – schaffen wir die völlige Ressourcenminimierung? Wird der Boden der Zukunft von menschlicher Kreativität oder künstlicher Intelligenz geschaffen? Welchen Einfluss haben Robotik und das Internet der Dinge auf den Boden der Zukunft? Wird der Boden zum Kommunikationspartner? Wie viel Sensorik verträgt der Boden? Wie empathisch kann der Boden der Zukunft sein? Open innovation – entwickeln die Nutzer den Boden der Zukunft? Treten Natürlichkeit und Haptik als Gegentrend einer zunehmenden Virtualisierung in den Vordergrund? Disruptiv oder evolutionär – entstehen neue Geschäftsmodelle für den Boden der Zukunft? Was kann der Boden der Zukunft von Startups lernen? Was aus der Historie? mehr lesen Wird der Boden zum Dienstleister oder Versorger? Oder wird er gar zum Prozess? Muss Boden immer fest sein oder wird er flüchtig und mobil? Kann er mit uns interagieren und unseren Alltag verändern? Könnte er vielleicht sogar heilen? Geht es in Zukunft eher um Service denn um Produkt? Geht es um Zugang statt um Besitz – Rent a floor? Individualisieren oder sharen wir Böden? Wie aktiv und smart ist der Boden der Zukunft? DIY-Kultur – ermöglicht 3D Druck den Boden künftig selbst zu drucken? Drücken sich unsere individuellen Komfortbedürfnisse im individualisierten Boden aus? Wird es künftig heissen: „Zeig mir deinen Boden und ich sage dir, wer du bist“? Wird der Boden zur Visitenkarte und Ausdruck der eigenen Identität? Schafft die digitale Transformation die Demokratisierung der Gestaltung? Wie sehen die Wechselwirkungen mit dem Raum und den Raumbegrenzungsflächen aus? Verschmelzung von Boden, Wand und Decke – werden wir in minimalisierten Kokons leben? Plan libre vs. Raumplan – wie viel Freiheit braucht der Boden? Vom Zwei- zum Dreidimensionalen – wird der Boden selbst zum Raum? Welche Entwicklungen sind bei Materialien, Farbwelten, Designs/Ornamentik, Oberflächenbeschaffenheit und Formaten zu erwarten? Kommt es zur Wiedergeburt des Ornaments und zu einer „Kunst der Fuge“? Folgt der Auflösung funktionaler Zonierungen im Raumkontinuum wieder die Betonung einzelner Bereiche? Finden Bodenbeläge neue Einsatzbereiche an Möbeln, Wand oder auch Decke im Sinne eines Raumkontinuums? Geht es künftig um Autorendesign oder Individualisierung und Personalisierung? Was muss ein authentischer Boden leisten? Entwickeln Designbeläge in Zukunft eine eigene authentische Sprache? Wird der Boden zum Navigationshelfer oder selbst zum Transportmittel? Wird der Boden selbst mobil? Ist der anpassbare Boden der Boden der Zukunft? Wie kann sich die architektonische Statik der virtuellen Dynamik anpassen? Elastische Beläge stehen als Symbol der Industrialisierung. Wie sieht der Boden der Digitalisierung aus? Steuern unsere Gedanken den Boden der Zukunft nach Tagesstimmung? Passt sich der Boden dem Tagesablauf des Nutzers an oder auch den Jahreszeiten? Welche Bedeutung hat das Thema der Schwelle, Aussen und Innen, Barrierefreiheit bis hin zu Kulturen? Kann der Boden der Zukunft Brücken bauen? Was sind die wichtigsten gesellschaftlichen und kulturellen Einflussfaktoren? Wie sieht der Boden der Sicherheit aus? Boden als Erinnerungsspeicher – seine Abnutzung erzählt jahrtausendealte Geschichte und Geschichten – erklärt gesellschaftliche Phänomene – kann dies auch bei Demenz helfen? Ist der Boden der Zukunft überhaupt noch „unter uns“? Diesen und weiteren Fragestellungen widmete sich im Rahmen der Domotex 2018 eine Ausstellung mit mobilem Labor am Stand des Institute International Trendscouting (IIT) der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Hildesheim. Aufbauend auf der Analyse der historischen Entwicklung von Böden im Spannungsfeld zwischen technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen gaben die Wissenschaftler einen ersten Einblick zum Status quo der zugrundeliegenden Zukunftsstudie. Die Studie „floorCODES – ZUKUNFT BODEN!“ wurde durch das IIT an der HAWK, in Kooperation mit Partnern wie der Uzin Utz AG, der MEGA eG und der Deutschen Messe AG ins Leben gerufen. »Architektur ist eine soziale Tatsache, die sich räumlich formt. Erst formen wir unsere Gebäude, dann formen sie uns. Gebäude, die wir heute planen, sind Prognosen wie wir in Zukunft leben werden. Damit architektonische Zukunftseinschätzungen den kommenden vielschichtigen Herausforderungen gewachsen sind, müssen wir uns heute mit den gesellschaftlichen und technischen Veränderungen in der Zukunft auseinandersetzen.« erläutern die Wissenschaftler den Hintergrund der Studie. »Böden tragen entscheidend zum architektonischen Gesamteindruck und durch ihre Materialität und Anmutung zur Aufenthaltsqualität bei. Gleichzeitig müssen Fußböden den enormen Anforderungen eines extrem beanspruchten Bauteils im Gebäude gerecht werden. Werden sie dieser Rolle auch in Zukunft gerecht? Ist die Bedeutung des Bodens bei den Planungsbeteiligten heute schon entsprechend im Bewusstsein verankert?« Über die Zukunftspositionierung soll eine neue Relevanz des Themas für Planende, Ausführende und Bauherrn geschaffen werden. Zukunft braucht Herkunft. So wirft die Studie zunächst den Blick zurück, um Veränderungen im Bereich des Bodens und ihre Abhängigkeit von gesellschaftlichen und technologischen Einflüssen zu erkennen und zu begreifen und letztlich die Werte und Codierungen der Thematik herauszuarbeiten. Diese Entwicklungslinien werden dann in der Gegenwart mit Anforderungen der Zukunft zusammengeführt und schaffen so Szenarien für eine Bedeutung des Bodens in der Architektur in Zukunft. Diese Methode lässt differenzierte neue Potentiale für den Boden in Zukunft entstehen. Die Studie erforscht nach einem festgelegten Methodenkanon in einem interdisziplinären Verbund von Experten aus Wissenschaft, Gestaltung, Handwerk und Industrie aktuelle Zukunfts- und Trendphänomene im Bereich Boden. Unter Berücksichtigung der dabei gezeigten epochalen Sequenzphänomene können zukünftige Themen und Szenarien gewichtet und die Entwicklung von Zukunftsmodellen ermöglicht werden. Durch die Einbeziehung unterschiedlicher Lebensmodelle, gesellschaftlicher und technischer Entwicklungen, sowie der Darstellung von Sehgewohnheiten steckt die Studie die Grenzen der Machbarkeit neuer Entwicklungen ab. In der Impulsausstellung im Rahmen der Domotex in Hannover wurde die Historie des Bodens anhand von bislang erhobenen Daten in Form einer kulturellen Beweisführung als raumgestalterisches Entwicklungsmodell von 1950 bis zur Gegenwart präsentiert. Den Wissenschaftlern geht es dabei darum, Raum-, Gestaltungs- und Stilausprägungen in den kulturellen und gesellschaftlichen Zeitgeist des jeweiligen Jahrzehnts setzen. Die Ausgangsbasis kurz zusammengefasst: Die 1950er-Jahre werden als ein Jahrzehnt der Widersprüchlichkeiten, zwischen Tradition und Moderne, zwischen Gelsenkirchener Barock und Funktionalismus beschrieben. Deutschland befindet sich im Aufschwung von der Trümmerwüste zur Wirtschaftsnation. Der Wunsch nach privatem Rückzug wird durch eine neu entdeckte Reiselust aufgebrochen. Diese gesellschaftlichen Gegensätze äußern sich in einem gestalterischen Mix aus Tradition und Moderne, aus beschwingten und organischen Formen als Ausdruck des Aufbruchs und einem pragmatischen Funktionalismus als Ausdruck von Enthaltung und Sparsamkeit sowie historisierenden Stilelementen einer politisch verunsicherten Kriegsgesellschaft mit Sehnsucht nach Tradition, Bestand und Rückzug. Die Bodenbeläge spiegeln diese Widersprüche mit Materialen wie Linoleum, Parkett und Holzdielen sowie Unibelägen als lang und kurzflorige Teppiche in neutralen aber auch intensiven Farbprofilen, die moderne Raum- und Farbdesigns ergänzen. Die 1960er-Jahre werden als Jahrzehnt der formalen Befreiung dargestellt, das Sitzen auf einem Stuhl wird bereits von der Jugend als Zumutung verstanden, das »bodennahe Liegen, Rasten und Lümmeln kann in der Sehnsucht zur Natur und damit zum Boden begründet sein«. In den 1970er-Jahren – dem Jahrzehnt von Krisen, Umbrüchen und Veränderungen – äußert sich die gesellschaftliche Rebellion auch in Großformatmustern am Boden und farbintensiven Fliesen. Die 1980er-Jahre werden als Risiko- und Erlebnisgesellschaft dargestellt mit einem starken Drang nach Individualisierung. Braun und Beige lösen die Knallfarben der 1970er-Jahre ab. Mediterrane Einflüsse finden ihren Weg auf die deutschen Böden. Die 1990er-Jahre sind ruhig. Sie werden als eine Zeit der Naivität beschrieben, als Jahrzehnt der Angstfreiheit. Der Landhausstil verbreitet Gemütlichkeit, ergänzt durch einen Mix aus Antiquitäten und neuem Design. Laminat und PVC verdrängen die textilen Bodenbeläge. Offene Grundrisse sprengen die bisherigen Grenzen der funktionalen Raumzuordnung und damit auch des klassischen Einsatzes von Bodenmaterialien. Die 2000er-Jahre lassen die Welt durch die Globalisierung näher zusammenrücken, das Thema der Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung. Gestalterisch werden Elemente aus den 50er-, 60er- und 70er-Jahren zusammengetragen. Die Farbe Weiß gepaart mit Naturholz trifft aus Plastic Pop. Das Credo des Jahrzehnts ist: Weniger ist mehr. Trotzdem prägt eine Materialvielfalt von Laminat und PVC, Parkett und Holzdielen, Hochflorteppiche und Fliesen die Gestaltung des Bodens. Aktuell befinden wir uns in einem Jahrzehnt der Vielfalt und Grenzenlosigkeit, zwischen Masse und Individualisierung, Be- und Entschleunigung. Eine Rückbesinnung auf Designklassiker und Vintage trifft auf Smart Materials und Recyclingmaterialien – auch im Gestaltungsfeld der Bodenbeläge. Die aus der Analyse der letzten Jahrzehnte entstehenden Erkenntnisse sollen dazu beitragen, durch prognostizierte gesellschaftliche und technologische Entwicklungen auch Aussagen über die Bodengestaltung und -materialien der kommenden Jahrzehnte machen zu können. Ziel der Studie ist es, einen interdisziplinären Dialog mit Experten aus Architektur, Gestaltung und des Handwerks zu initiieren und über zukünftige Denkmodelle gestalterische Impulse für den Boden der Zukunft zu generieren. Erste Antworten auf die eingangs gestellten Fragen zeigte die Ausstellung bereits in Form von Thesen und Szenarien, die gemeinsam mit Studierenden im Rahmen einer Zukunftswerkstatt am IIT erarbeitet wurden. So wird der Boden der Zukunft individuell sein. Der Boden der Zukunft wird mobil. Der Boden der Zukunft wird authentisch. Der Boden der Zukunft wird natürlich. Der Boden der Zukunft wächst selbst in den Raum. Der Boden der Zukunft verknüpft High-Tech und Natur. Der Boden der Zukunft wird interaktiv und multifunktional. Der Boden der Zukunft wird digital. Der Boden der Zukunft wird zum Raum. Der Boden der Zukunft ist Raum und Konstruktion. Der Boden der Zukunft ist Raum und Zeit. Der Boden der Zukunft teilt nicht, er wird geteilt. Der Boden der Zukunft schreibt Geschichte. Der Boden der Zukunft ist vernetzt. Der Boden der Zukunft ist Ort der Kommunikation und kommuniziert selbst. Der Boden der Zukunft wird komfortabel. Der Boden der Zukunft kann pflegen und heilen. Der Boden der Zukunft ist anpassbar. Der Boden der Zukunft wird agil. Die Zukunftswerkstätten, sogenannte WorkLabs, stellen im Rahmen der Studie den Übergang der Gegenwartbetrachtung in Richtung Zukunftsgestaltung dar. Sie geben dabei einerseits einen Einblick in die Methoden der Zukunftsforschung, generieren auf der anderen Seite eine Vielzahl an Szenarien, die die Thesen verdichten. Davon konnten sich die Messebesucher auch direkt vor Ort überzeugen. In mehreren floorCODES WorkLabs hatten sie Gelegenheit, auf Basis der Studie und der entwickelten Methode, ihre eigenen impulsgebenden Zukunftsszenarien zu erarbeiten, die nun auch in das Forschungsprojekt einfließen. Dazu konnten sich die Teilnehmer aus Hunderten von Bildtafeln mit Visualisierungen von Macrotrends und Lebenswelten, Raum, Oberflächen und Materialien, Formen und Farben sowie einer großen Palette an Materialproben bedienen und inspirieren lassen. Im Nachgang zur Domotex sind nun weitere WorkLabs an den Standorten Ulm (Gastgeber: Uzin Utz AG), Hamburg (Gastgeber: MEGA eG) und Hannover (Gastgeber: Deutsche Messe AG) geplant, in deren Rahmen nach der DNA für den Boden der Zukunft geforscht werden soll. Wir dürfen gespannt sein zu welchen Zukünften sich die Thesen verdichten lassen. Bis dahin wird der Boden der Gegenwart noch „unter uns“ sein. Veröffentlicht Hotel und Technik 2017 weniger lesenHintergrund der Studie floorCodes
Methodik „Zukunft braucht Herkunft“
Kulturelle Codierung
Blick in die Zukunft
Szenarien für den Boden der Zukunft
Mobile Workshops