Learning from Paris … wir müssen nicht immer alles neu erfinden.
Bereits mehrfach hatte ich im Zusammenhang mit den neuen Herausforderungen zu Klimaschutz und Klimaanpassung auf die Notwendigkeit der Flächenaktivierung von Fassaden hingewiesen, was neben erneuerbaren Energien insbesondere auf das Thema der Fassadenbegrünung fokussiert.
Hierzu bekennt sich auch die Landeshauptstadt München, die in ihren Grundsatzbeschlüssen entsprechende Prozentanteile an Fassadenbegrünung fordert und an den unterschiedlichen Modellen an Pilotprojekten forscht – bodengebunden, topfgebunden, fassadenintegriert.
Hier sollten wir aber auch den Blick über Grenzen zu unseren französischen Nachbarn wagen, wo bereits vor vielen Jahren Patrick Blanc den Garten in die Fassade versetzt und die Fassadengestaltung um eine grundlegend neue Art erweitert hat.
Der heute siebzigjährige begann schon als kleiner Junge mit Pflanzen im eigenen Aquarium zu experimentieren und promovierte schließlich in Botanik an der Université Pierre & Marie Curie. Entdeckt wurde der Forscher am Pariser Institut CNRS mit seinen ungewöhnlichen Arbeiten erstmals 1994 auf dem Festival des Jardins im französischen Chaumont-sur-Loire. Der Weg zur Architektur kam eher durch Zufall infolge der Einladung der Pariser Fondation Cartier eine Arbeit im Rahmen der Ausstellung „Etre nature“ zu zeigen. Seine begrünte Wand an der Aussenseite des Museums beeindruckte den Architekten des Gebäudes, Jean Nouvel, so sehr, dass er ihn für weitere Projekte wie beispielsweise die gesamte Aussenfassade des Musée du Quai Branly in Paris beauftragte. Den meisten wird die gemeinsam mit André Putman entstandene 30 m hohe Wand in der Lobby des Pariser Hotels „Pershing Hall“ aus dem Jahr 2001 bekannt sein.
Bei einem kürzlichen Paris Besuch konnte ich mich von einem weiteren Projekt überzeugen. An der Ecke der Rue des Petits Careaux schuf Patrick Blanc im Jahr 2013 eine 25 m hohe mur végétal mit 7.600 Pflanzen 237 verschiedener Arten. Nach mittlerweile 10 Jahren verbessert sie nicht nur das Stadtklima, bindet Staub und Lärm, sondern bietet einen beeindruckenden Blick auf eine üppige Flora und Fauna – eine Ode an die Biodiversität.
Sie dokumentiert zugleich unglaubliches fast lebenslanges Wissen über die Arten und das Wachstumsverhalten ohne Erde, sodass laut eigener Auskunft auch seine vertikalen Gärten von Projekt zu Projekt immer besser wurden, auch wenn das Prinzip mit kleiner Veränderung dasselbe blieb, welches sich Blanc längst patentieren liess. Dabei werden die Pflanzen von einer Schicht aus synthetischem Filz gehalten. Das Wasser fliesst von oben herab und die Pflanzen nehmen sich die Menge, die sie benötigen. Der Unterschied zu herkömmlichen Pflanzkübeln liegt darin, dass das Wasser nicht stehen bleibt, sondern ständig in Bewegung ist. Die Wurzeln in Kontakt mit Luft und nicht von Erde umgeben sind. Je nach Jahreszeit werden die Wände ca. fünfmal pro Tag für 3 Minuten bewässert. Bei den ca. 30 Pflanzen pro Quadratmeter handelt es sich vorzugsweise um ortsansässige Pflanzen, die es teilweise auch im Supermarkt zu gibt.
Learning from … wir müssen nicht immer alles neu erfinden.