Übernachtungsschutz setzt neue Maßstäbe

Übernachtungsschutz setzt neue Maßstäbe

Wenn man an eine Unterkunft für Obdachlose denkt, hat man vielleicht nicht die Vorstellung von einem architektonisch anspruchsvollen und ästhetischen Gebäude vor Augen, doch genau dieses Bild bietet der neue Übernachtungsschutz in Schwabing-Freimann, der von den Architekt*innen von Hild und K in Zusammenarbeit mit dem Baureferat in fünf Jahren geplant und ausgeführt wurde. 

Eingebettet in ein Umfeld, das von Industrie geprägt ist, sticht dieser Neubau nicht nur durch seine gelungene Gestaltung hervor, sondern setzt auch ein deutliches Zeichen für einen Übernachtungsschutz, der sowohl architektonisch als auch in der Vielfalt der Beratungsangebote für obdachlose Männer, Frauen und Kinder neue Maßstäbe setzt. Vorher in Gebäuden der ehemaligen Bayernkaserne untergebracht, können die Klient*innen (so werden die Schutzsuchenden formal vom Sozialreferat benannt) nun in einem modernen und funktionalen Gebäude Zuflucht finden. Mit einer Bruttogrundfläche von 13.000 m² bietet es Platz für 730 Personen.

Das architektonische Konzept des Neubaus orientiert sich an dem historischen Ledigenheim von Theodor Fischer. Die kammartige Struktur der Gebäude ermöglicht durch versetzte Baukörper und ineinandergreifende Eckbereiche die Schaffung geschützter Innenhöfe, die als ruhige Rückzugsorte dienen. Diese geschützten Bereiche sind in der von Parkplätzen, Großmärkten und Lagerhallen geprägten Umgebung besonders wertvoll.

Der Neubau wurde in Holz-Hybrid-Systembauweise errichtet, eine Kombination aus robustem Stahlbetonskelett und vorgefertigten Holzrahmenelementen, die nur in drei Monaten eingebaut wurden. Die ziegelrote Holzfassade, die nicht nur einen optischen Akzent setzt, sondern den Klient*innen bereits von außen Wärme entgegenbringt, ruht auf einem massiven Sockel aus Betonfertigteilen im Erdgeschoss, der für Stabilität und Langlebigkeit sorgt. Eine kunstvoll gestaltete Bordüre unterhalb der Attika schützt die Konstruktion vor Witterungseinflüssen und verleiht dem Gebäude eine hohe ästhetische Qualität. Das Architekturbüro Hild und K hat hier ganz im Sinne Gottfried Sempers die „Fassade als Gebäudehülle“ interpretiert.

Nachhaltigkeit spielte bei der Planung und Umsetzung des Bauprojekts eine zentrale Rolle. Die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen in Fassade und Innenausbau sowie das flexible Stahlbetonskelett ermöglichen künftige Anpassungen des Gebäudes und tragen zur langfristigen Nutzbarkeit bei. Ergänzt wird das nachhaltige Konzept durch eine große Photovoltaikanlage und ein Biodiversitätsdach, das – wie die Freianlagen – von Studio Vulkan geplant wurde.

Foto: Florian Holzherr für Baureferat